Das jüdische Ermreuth

 
Die idyllische Lage Ermreuths an der Pforte zur Fränkischen Schweiz wird seit jeher durch das Schloss, die Ortskirche und die stattliche Synagoge geprägt. Ermreuth war seit seiner Gründung, vermutlich im Jahre 1358, bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts eine Gutsherrschaft und ist seit der Reformation evangelisch.

Die jüdische Gemeinde
Als Ende des 15. Jahrhunderts alle Juden aus den deutschen Reichsstädten ausgewiesen wurden, setzte eine Fluchtwelle in Richtung Land ein. Im Laufe der Jahre ließen sich über 80% der bayerischen Juden im ländlichen Franken nieder.
Mit der Besitzübernahme Ermreuths durch die Freiherrn von Künßberg im Jahr 1649 wurde der Grundstein für die Gründung einer jüdischen Gemeinde in Ermreuth gelegt, Ende des 17. Jahrhunderts bereits eine kleine jüdische Kultusgemeinde gegründet. Sie vergrößerte sich rasch und zählte gegen 1840 knapp 40 Familien; von ca. 600 Bewohnern bekannten sich etwa 220 Personen zum jüdischen Glauben.


    Ein Ehevertrag aus dem Jahr 1676


Mit dem Gesetz zur Gleichberechtigung durften sich ab 1871 jüdische Gemeindeglieder aktiv am Gemeindeleben beteiligen. Sie gründeten die Freiwillige Feuerwehr mit und gaben im Ersten Weltkrieg ihr Leben für das Vaterland.
Die Mehrheit der im Ort Ansässigen entschied sich jedoch für die Ab- oder Auswanderung, sodass nur noch 20 Personen übrig blieben. Das Pogrom vom 9. November 1938 besiegelte dann das Ende der Gemeinde. Fünf Personen gelang es noch 1939 auszuwandern, die übrigen 15 wurden deportiert und ermordet.
Der Friedhof, die restaurierte und wiedergeweihte Synagoge sowie die in ihr präsentierte Dauerausstellung sind heute neben einigen ehemaligen jüdischen Wohnhäusern die einzigen Zeugnisse des vormals reichen, über 400 Jahre andauernden jüdischen Lebens in Ermreuth.



Die Synagoge
Die 1822 am Platz ihres Vorgängerbaus aus dem Jahre 1738 erbaute Synago-ge war eine der bedeutendsten und größten Dorfsynagogen in Oberfranken. In der Pogromnacht des 9. November 1938 wurde sie geschändet, wegen ihrer Lage im eng bebauten Ortskern jedoch weder gebrandschatzt noch gesprengt.
Während der Kriegsjahre diente sie den Nazis als Lagerraum. 1954 verkaufte sie der Freistaat Bayern an die Raiffeisenkasse in Ermreuth. Bis zu ihrem Wei-terverkauf an den Markt Neunkirchen am Brand im Jahr 1974 wurde die Syna-goge seitens der Raiffeisengenossenschaft als Lager für landwirtschaftliche Maschinen u.ä. zweckentfremdet und erfuhr massive architektonische Veränderungen.
1989 gründeten der Landkreis Forchheim und der Markt Neunkirchen am Brand einen Zweckverband zur Erhaltung und Sanierung des Bauwerks. Nach mehrjährigen Restaurierungsarbeiten fand am 19. Juni 1994 die feierliche Wiedereinweihung des alt-neuen Gotteshauses statt.

Die Dauerausstellung
Im Zuge der Dachsanierung im Jahre 1988 entdeckte man die „Genisa“ auf dem Dachboden der Synagoge. Bei
diesem Fund handelt es sich um Utensilien aus dem jahrhundertealten religiösen und Alltagsleben der jüdischen Landgemeinde Ermreuth.
Die Fundstücke der „Genisa“ bilden den Kern der Dauerausstellung zum Leben und zur Kultur der jüdischen Landgemeinden in der Region am Beispiel von Ermreuth, die seit der Wiederweihe der Synagoge in dieser zu sehen ist.
 
Die Schule
Seit 1829 unterhielt die Gemeinde eine eigene Religionsschule, die am 1. August 1833 in „Die jüdische Religions- und Elementarschule“ umbenannt wurde. In diesem Haus befanden sich zudem das rituelle Tauchbad (Mikwe) und die Schlafstätte für arme Juden.
Nach erstmaligem Umzug 1842 erwarb die jüdische Gemeinde 1862 schließlich ein eigenständiges Schulgebäude. 1916 musste der Schulbetrieb aus Mangel an Schülern eingestellt werden.



Der Friedhof
1711 legte die jüdische Gemeinde auf dem Heinbühl nordwestlich von Ermreuth ihren Friedhof an. Von den ehemals vermutlich rund 500 Gräbern sind heute nur noch 223 erkennbar, von denen das älteste auf das Jahr  1717/18 zurückreicht. Die letzten beiden Beerdigungen, an deren Grabstellen keine Grabsteine mehr aufgestellt werden konnten, fanden 1936 und 1937 statt. Seitdem gilt der Friedhof als geschlossen. Zwischen 1936 und 1938 wurde er geschändet und erfuhr wesentliche Veränderungen, die man bis heute erkennen kann.

 

Aufnahmen: Alexander Nadler

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