Felix-Müller-Museum Liste Sonderausstellungen

Habt ein gutes Herz!

Ausstellung 28. November 2021 - 20. Februar 2022

2021 / 2022 Jahreswechsel - Bilderwechsel

Vermutlich hat inzwischen jeder gemerkt, dass wir mitten in einer Zeitenwende stehen. Der Titel dieser Ausstellung, "Habt ein gutes Herz!" - ein Zitat Felix Müllers - möge als Kompass dienen, durch die schwierige Gegenwart in eine menschenwürdige Zukunft zu gelangen.

In dem lichtarmen Jahresviertel zeigt diese Ausstellung neben jahreszeitlich ungebundenen Werken Felix Müllers Blick auf das winterliche Neunkirchen - eine Neuerwerbung des Museums, zudem auf Weihnachten und Vorbilder christlicher Tradition. Ihr war der in seiner Kindheit katholisch geprägte Müller verbunden, auch wenn in späteren Werken eine durchaus eigene Spiritualität hervortritt, bei der mitunter die Trennung von Sakralem und Profanem aufgehoben scheint.

Ein besonderes Weihnachtsbild widmete Felix Müller dem Gartenamtsdirektor Hugo Post, der ihm alljährlich zu Weihnachten einen Strauß Christrosen schenkte. Das Bild zeigt die Heilige Familie im Stall: Josef, Maria und das Kind - axial ausgerichtet, dazu Ochse und Esel. Alle zu einem kompakten Linienornament verwoben. Gehalten werden sie von den Armen einer blauen Symbolfigur des allmächtigen Schöpfers. Sie erwachsen sozusagen aus drei stilisierten Blüten des Helleborus niger in seinen Händen. Die eigentliche Christrose ist hier aber das Jesuskind in den Händen der Mutter, deren rot gekleidete Gestalt einer herzförmigen Knospe ähnelt. Josefs Hände schließlich bieten den Tieren Futter dar. Drei Mal also erscheint hier das Motiv der Leben spendenden Hände. Der Davidsstern schließlich - zwischen schneiender Wolke und Mond - deutet nicht nur auf Jesus, als Spross des Hauses Davids hin. Als Durchdringung von einem aufwärts und einem abwärts gerichteten Dreieck verwendet Müller diesen Stern als Symbol kosmischer Zeugung bzw. einer Hochzeit von Himmel und Erde.  

Im April 1969 zeichnete Müller in symbolisch-ornamentaler Weise wiederholt die Verkündigung an Maria bzw. die Menschwerdung Gottes. Dabei umschließt eine Engelfigur die aufwärtsschauende Jungfrau herzförmig mit ihren Schwingen. Ein anderes Mal erscheint über derselben die Heiliggeist-Taube, geformt aus dem Hexagramm und in Verlängerung ihrer Flügel ein Schriftband mit dem Zitat aus dem Johannesevangelium "Und das Wort ist Fleisch geworden" (Joh. 1,14).

Am Heiligabend 1971 entstand eine ungewöhnliche Zeichnung zum Thema Christgeburt. Wie aus einem Tor tritt auf ihr das Kind aus seiner Mutter hervor. Ochse, Esel und Schafbock sind Zeugen der Geburt. Darüber strahlt das Hexagramm als Stern himmlischer Zeugung. Die humorvoll-erotische Note dieser Zeichnung lässt vermuten, dass der Künstler jenen Tag in guter Stimmung verbrachte.

Noch eine weitere, in der Ausstellung zu sehende Christgeburt Müllers spricht von der Anteilnahme der Tiere, gewissermaßen stellvertretend für die von den Menschen verweigerte Herberge.

Das Motiv des Behütens und Schützens drückt sich aus in der Tonskulptur "Mutter & Kind" (um 1960) sowie den Schutzmantelfiguren der Heiligen Elisabeth und Martin, die Müller in den frühen 1980er Jahren als Entwürfe für Bleiglasfenster oder Tür-Reliefs zeichnete. Die Heilige Elisabeth als Inbegriff von Nächstenliebe und Barmherzigkeit schuf Müller wiederholt als Holzskulptur. Seine Mutter, Josefa Müller, fand im Krieg selbst Zuflucht im Neunkirchner Elisabethenspital.

Eine besondere Beziehung pflegte Felix Müller zu den Heiligen Drei Königen, nachdem er 1938 von drei wohlduftenden Herren der Nürnberger Gewürzhandelsfirma Saba & Co. Besuch und einen Auftrag erhalten hatte, der ihn aus finanzieller Notlage befreite. Sie erschienen ihm wie die Drei aus dem Morgenland, die dem Kind und seiner Mutter Geschenke brachten. "Wenn du schenkst, denk an die Drei - Immer sei dein Herz dabei!", so beschriftete Müller eine farbige Wachskreidezeichnung mit ihrer Darstellung, die einem Wandbehang als Entwurf diente.

Es war im Januar 1960, als Felix Müller in Neunkirchen am Brand das Holzrelief "Habt ein gutes Herz" entwarf. Schon Mitte Februar war offenbar das Relief fertig, denn es ist abgebildet in einem Zeitungsartikel vom 18. Febr. 1960 zusammen mit seinem Pendant, das den Appell trägt "Achtet das Brot!" Beide waren Auftragsarbeiten für das Foyer der neuen Schule in Buckenhofen.

Offensichtlich war es Müllers Absicht erzieherisch zu wirken: "Ich habe nirgends so viel Brot am Boden gefunden, wie gerade in den Schulhöfen", meinte er zur Wahl seines Themas. Als jemand, der die zwei Weltkriege, die Weltwirtschaftskrise und die Not der Nachkriegszeit als Kriegsgefangener erfahren musste, beklagte er nicht nur die Unbekümmertheit der jungen Generation. Immer wieder bringt er in seinen Werken den Schmerz über menschliche Katastrophen zum Ausdruck und appelliert für einen sorgsamen Umgang mit dem Leben und der Umwelt.

Den Aufruf "Habt ein gutes Herz", konkretisiert der von Tierliebe und großer Mutterverehrung erfüllte Müller mit dem 4. Gebot (Du sollst Vater und Mutter ehren) einerseits und der Sorge für die Tiere andererseits. Bemerkenswert ist die Auswahl der Tiere: Hund, Katze und Vögel sind oft nicht von gegenseitiger Friedfertigkeit erfüllt. Der fürsorgende Mensch als Mittler kann jedoch - wie hier verbildlicht - für ein gutes Auskommen untereinander sorgen.

"In jeder Arbeit sehe ich eine stumme Predigt", meinte Felix Müller in einem Zeitungsartikel vom 2. März 1963. Auch wenn diese Aussage in ihrer Absolutheit sicher zu weit greift, ist das Bedürfnis des Künstlers, mit seiner Arbeit positiv auf die Gesellschaft einzuwirken, in seinen Werken immer wieder spürbar. Sein Appell, "Habt ein gutes Herz", scheint damals, wie heute, aktuell.

Die Ausstellung ist geöffnet sonntags 15 – 17 Uhr und montags (ausgenommen feiertags) 10 – 14 Uhr.

Führungen finden auf Nachfrage statt: Tel.: 09134 / 908042 oder 09561 / 4274359 oder per Mail: regina.urban@neunkirchen-am-brand.de

(Fotos: Harry Roth)


Archiv
SCHNELLSUCHE