Welche Arten Ameisenbläulinge sind in Deutschland heimisch?
Welche Arten kommen bei Neunkirchen vor und wie kann ich diese erkennen?
Bei Neunkirchen kommen der Dunkle- und Helle Wiesenknopfameisenbläuling vor.
Phengaris Teleius
Phengaris Nausithous
Die Falter lassen sich an Merkmalskombinationen von anderen Bläulingen unterscheiden:
Heller Wiesenknopfameisenbläuling (Phengaris teleius).
Dunkler Wiesenknopfameisenbläuling (Phengaris nausithous).
Wie und warum sind die Bläulinge geschützt und was bringt uns das?
In Bayern sowie Deutschland hat der Erhalt der biologischen Vielfalt Verfassungsrang. Trotzdem finden sich immer mehr Arten auf den Roten Listen wieder. Bereits 1992 wurde auf europäischer Ebene die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-RL) verabschiedet, die eine wichtige rechtliche Grundlage für den Schutz bestimmter, seltener Lebensräume und Arten, wie den Hellen- und Dunklen Wiesenknopfameisenbläuling darstellt.
Der unersetzbare Wert wildlebender Tiere, Pilze, Pflanzen und Mikroorganismen liegt in den zahlreichen Aufgaben, die sie tagtäglich, kostenlos übernehmen, und auf deren Erfüllung wir angewiesen sind. Dazu zählen beispielsweise die Produktion fruchtbarer Böden durch Kleinstlebewesen und Bakterien, die Bestäubung von Kultur- und Wildpflanzen durch Insekten, die Verfügbarkeit von sauberem Wasser durch Schadstoff-filternde Pflanzen und vieles mehr. Diese "Ökosystemdienstleistungen" könnten wir trotz immer leistungsfähigerer Technik weder heute noch in Zukunft großflächig ersetzen. Alleine der Wert der Bestäubung wird weltweit auf bis zu 577 Mrd. $ pro Jahr geschätzt (IPBES, 2016). Unsere grundlegende Versorgung ist folglich auf eine intakte Natur zwingend angewiesen.
Artenreiche Ökosysteme sind zudem selbstregulierend. Ob Schädlingsplage oder Klimawandel - in der riesigen Palette der ca. 25.000 Pflanzen- und Pilzarten und 48.000 Tierarten Deutschlands finden sich immer ein oder mehrere Lebewesen, mit denen eine passende Lösung zu einem bestimmten Problem gefunden werden kann. So sichert Artenreichtum die Stabilität von Ökosystemen, verringert die negativen Auswirkungen von Katastrophenereignissen wie Dürren oder Überschwemmungen und lässt eine Landschaft entstehen, die für jede Gemeinde einzigartig ist.
Welche Rolle spielen dann einzelne Arten, wie Heller oder Dunkler Wiesenknopfameisenbläuling?
Die beiden Arten sind in den Anhängen II und IV der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie gelistet. Das heißt sowohl die Tiere selbst, als auch deren Lebensräume sind unter Höchstschutz und folglich zu erhalten und zu fördern. Ameisenbläulinge stellen hohe Ansprüche an ihren Lebensraum, für welchen sie als „Schlüsselorganismen“ stehen. Schlüsselorganismen sind in der Regel relativ auffällige und leicht bestimmbare Arten. Wo sie vorkommen, dort ist ein selten gewordener Lebensraumtyp, in dem noch zahlreiche weitere, teils seltene Arten überleben können, welche wir nicht gleich auf den ersten Blick entdecken oder bestimmen können. Mit dem Schutz und der Pflege von den entsprechenden Habitaten kann folglich auch das Überleben der Schlüsselorganismen und auch unzähliger weiterer Arten gewährleistet und die Stabilität ganzer Ökosysteme garantiert werden.
Welche Habitate nutzen Ameisenbläulinge?
Der Dunkle- und Helle Wiesenknopfameisenbläuling bewohnen strukturreiche feuchte oder wechselfeuchte Wiesen in Saumposition sowie deren Gräben und Böschungen. Wichtige Faktoren sind dabei das Vorkommen der Raupenfutterpflanze Großer Wiesenknopf (Sanguisorba officinalis) und der Wirtsameisenarten (Myrmica rubra und Myrmica scabrinodis). Als Nektarpflanze werden neben dem Großen Wiesenknopf auch andere rote und lila farbige Blüten wie z.B. Blutweiderich (Lythrum salicaria) angenommen.
Beide Falterarten sind aufgrund ihrer Lebenszyklen besonders von intensiver Landwirtschaft betroffen, da sie ihre Eier in die Blüten des Großen Wiesenknopfes legen. Bei einem falschen Zeitpunkt der Mahd werden die Faltereier oder Jungraupen in den Blütenköpfen mit abgemäht. Ein zu tiefer Schnitt oder Bodenverdichtung, tiefes Pflügen, Güllen, intensive Beweidung etc. gefährden zudem die Ameisenvölker, welche als Wirte die Raupen in ihr Nest eintragen. Der Einsatz von Herbiziden vernichtet die Futterpflanzen, was folglich auch die Bläulinge betrifft. Eine extensive Nutzung von wechselfeuchten Wiesen mit Wiesenknopf ist daher von zentraler Bedeutung für das Überleben der beiden Arten.
Ein Lebensraum für den Dunklen- und Hellen Wiesenknopfameisenbläuling sind z.B. die extensiv bewirtschafteten Feuchtwiesen mit Wiesenknopf am Schellenberger Weg.
Wie verläuft der Generationszyklus?
Der Lebenszyklus beginnt etwa ab Mitte Juli mit der Ablage der Eier (1) in die Blütenköpfe des Großen Wiesenknopfes (Sanguisorba officinalis). Die Raupe frisst während ihrer ersten Larvenstadien von der Blüte (2) und wird anschließend von spezifischen Wirtsameisenarten in deren Bau getragen (3). Dort ernährt sich die Raupe parasitisch von der Ameisenbrut (4) und verpuppt sich schließlich im Folgejahr (5). Damit die Raupen und Puppen im Ameisennest nicht als Fremdkörper erkannt werden, verströmen sie eine ähnliche Zusammensetzung an Geruchsstoffen wie die Ameisen, wodurch sie von ihren Wirten als Teil des Stocks angesehen werden. Diese Tarnung verschwindet jedoch, sobald der Falter schlüpft. Ihm bleiben dann nur wenige Augenblicke, um aus dem Bau zu klettern und den Ameisen zu entkommen. Über der Erde kann der Falter schließlich seine Flügel entfalten und trocknen lassen (6). Nach der Paarung kann der Zyklus von Neuem beginnen.
Da von der Raupe zahlreiche Ameisenlarven gefressen werden, kann sich je nach Größe des Ameisenstaates immer nur eine begrenzte Anzahl Falter darin entwickeln. Das Vorhandensein, sowie die Größe und Anzahl der Nester sind somit grundlegende Faktoren für die Populationsgröße der Falter.
Wie ist die Bestandsentwicklung in Bayern?
In Bayern gelten die Bestände des Hellen Wiesenknopfameisenbläulings als rückläufig und stark gefährdet. In manchen Gebieten ist die Art regional bereits verschwunden. Der Negativtrend hält vor allem in Nordbayern an und hat inzwischen auch Kernvorkommen erreicht. Bei einem FFH-Monitoring im Jahr 2021 wurden im Vergleich zum Monitoring 2015/17 nur noch auf 40,7 % der untersuchten Flächen Exemplare gefunden.
Der Dunkle WKAB gehört aktuell zu den mittelhäufigen Arten und gilt unter noch als verbreitet, jedoch in unterschiedlicher Dichte. Seine Bestandsentwicklung ist regional schwankend. Insgesamt wird von einem negativen Bestandstrend ausgegangen, weshalb die Art auf die Vorwarnliste aufgenommen wurde. Im Rahmen des FFH-Monitorings im Jahr 2021 wurden im Vergleich zum Monitoring 2015/17 nur noch auf 63,7 % der untersuchten Flächen Exemplare gefunden.
Wie ist die Bestandsentwicklung in Oberfranken?
In Oberfranken sind die Populationen des Hellen Wiesenknopfameisenbläulings bereits seit vielen Jahren stark rückläufig. Ehemalige Kernvorkommen sind bereits ausgestorben oder stehen kurz davor. Mittlerweile kommt die Art nur noch in kleinen Reliktvorkommen vor. Im Falle einer nicht ausreichenden Verbesserung der Lebensräume muss mit einem zeitnahen Aussterben der Art in Oberfranken gerechnet werden.
Der Dunkle Wiesenknopfameisenbläuling ist in Oberfranken noch lokal häufig zu beobachten. Insgesamt kann zum jetzigen Zeitpunkt in Oberfranken noch von einem ausreichenden Erhaltungszustand der Art ausgegangen werden.
Wie ist die Bestandssituation bei Neunkirchen a. Br.?
In Neunkirchen a. Br. befindet sich einer der seltenen letzten Rückzugsorte und Quellpopulationen des Hellen Wiesenknopfameisenbläulings in ganz Oberfranken. Diese Situation hat sich in den letzten Jahren zunehmend verfestigt. Dem Erhalt der Populationen in Neunkirchen a. Br. ist es also zu verdanken, dass ein Aussterben des Hellen Wiesenknopfameisenbläulings in Oberfranken bislang ausgeblieben ist.
Der Dunkle Wiesenknopfameisenbläuling kommt in Neunkirchen a. Br. nach aktuellen Ergebnissen in einer für Oberfranken und besonders für den Landkreis Forchheim großen Population vor. Während sich die Anzahl der Individuen des früher dominanten Hellen Wiesenknopfameisenbläulings in den letzten Jahren stark verringert hat, hat die Anzahl des Dunklen Wiesenknopfameisenbläulings gegenüber früher zugenommen. Die Lebensräume in Neunkirchen am Brand besitzen folglich im oberfrankenweiten Vergleich eine außergewöhnlich hohe Qualität.
Aufgrund der negativen Bestandsentwicklung der streng geschützten Arten Heller und Dunkler Wiesenknopfameisenbläuling in Bayern initiierte die Regierung von Oberfranken ein Biodiversitätsprojekt, um den Erhalt der oberfränkischen Populationen zu unterstützen und dem absehbaren Aussterben des Hellen Wiesenknopfameisenbläulings entgegenzuwirken. Das Projekt wird in enger Zusammenarbeit mit Naturschutzbehörden und Verbänden, Bewirtschaftern und Bewirtschafterinnen sowie den Gemeinden auf Basis freiwilliger Zusammenarbeit gestaltet.
Was sind die Ziele vom Biodiversitätsprojekt?
Welche Projektpartner sind involviert?